Die frühen Jahre

oder

Wie infiziert man sich mit dem LGB-Virus ?

Der Grundstein wurde natürlich in meiner Jugend gelegt. Irgendwann überraschte mich mein Vater mit ein paar Gleisen und einem Schienenbus in H0 Gleichstrom. Die Schienen (mit Schwellen aus Pappe Peko (?)) stammten noch aus seiner Jugend, der Zug war neu. Der gute alte Fleischmann mit Anhänger. Scheiben waren noch in Milchglas, weil man sonst den Motor gesehen hätte...
Dafür wechselte die Beleuchtung vorne und hinten mit der Fahrtrichtung von 3 x weiß auf 2 x rot.

Hin und wieder durfte ich auch mit seinen alten „Schätzchen“ spielen. Zumindest solange, bis ich herausgefunden hatte, ab welcher Fahrspannung die BR 01 in den Kurven aus den Schienen kippt....

Es folgte dann eine Fertiganlage, zusammengesetzt aus 6 quadratischen Modulen mit 2 Kreisen, Tunneln, Brücken und Rangiergleisen, die mir am Anfang unermesslich riesig vorkam und proportional zu meinem Wachstum in die Länge immer kleiner wurde. Tatsächlich waren die Maße etwa 180 cm Frontbreite und 120 cm Tiefe.

Fortan floss sämtliches Taschengeld in diese Anlage. Zuerst wurden die väterlichen Gleise gegen die „modernen“ von Fleischmann getauscht, dann mit einem Schaumstoff-Schotterbett versehen. Oberleitung für echten analogen 2-Zug-Betrieb kam dazu, erst nur auf dem Außenkreis, später auch innen.

Und natürlich Wagen, Wagen, Wagen. Und Autos. Und Figuren. Und die Erkenntnis – allerdings sehr spät – dass die Hersteller nichts besseres zu tun haben, als jedes Jahr neue Wünsche zu schüren („Ach Pappi, DAS ist BESTIMMT der LETZTE Wagen, dann keinen mehr....“). Der Virus "Modelleisenbahn" hatte ein neues Opfer gefunden...

Irgendwann kam tatsächlich der letzte Wagen, es rief das Vaterland erst zu den Waffen, dann sorgte das Studium in der Ferne zum endgültigen Auszug aus der elterlichen Wohnung. Was zu verpacken ging wurde ordentlich verstaut und schlummert seither im Dornröschenschlaf.

Während des Studiums, als die ersten Talk-Shows in den privaten Fernsehsendern anliefen (was macht man als Student schon sonst mit den angebrochenen Nachmittagen nach dem Frühstück...), sah ich in der Studio-Dekoration einer solchen Show eine ziemlich große braune Lok. Ein Krokodil. Von LGB. Ein Traum!. Den wollte ich mir irgendwann erfüllen. Der eigentlich für überwunden gehaltene Virus meldete sich wieder...

Es dauerte allerdings noch ein paar Jahre, bis ich eine liebe Frau gefunden und vor den Altar gezogen hatte und unser erster Nachwuchs seine ersten Brüller tat. Auch im Bekanntenkreis hatte es inzwischen derart „eingeschlagen“ und deshalb zogen wir vor Weihnachten 1998 in einen riesigen Augsburger Spielzeugmarkt, um die Geschenkeinkäufe zu erledigen.
Lehmann feierte gerade 30 Jahre LGB und auf dem Boden des Ladens fuhr die Jubiläumspackung spazieren. Neben einer etwa dreieinhalb Meter hohen und fünf Meter breiten Regalwand, in der sich das gesamte 98er Sortiment stapelte.

Mit Mühe und Not und nur unter Anschaffung des aktuellen Kataloges konnte mich meine Frau aus dem Laden zerren. Dieses Mal noch...
Beim nächsten Mal wurde die Startpackung in das Auto geladen... nicht einmal 24 Stunden später... als meine Frau die erlösenden Worte von sich gab: „Nun kauf’ sie Dir doch endlich“. Ein Satz, über dessen Tragweite sie sich damals definitiv NICHT bewusst war... denn jetzt brach der Virus wieder aus! Und zwar mit voller Wucht, schlimmer als jemals zuvor.

Bild aus dem "30 Jahre LGB"-Prospekt

Bild aus dem "30 Jahre LGB"-Prospekt

Obwohl die Kataloge damals noch mit einer Preisliste verkauft wurden, die bunten Bilder waren doch viiieel spannender und so ein Virus macht einfach preisblind. Und der Preis für die Start-Packung war mit 200,- DM so günstig, da muss man doch einfach zuschlagen.
Immerhin gab es eine Lok, vier Rungenwägelchen und ein Oval Schienen dafür (die normalen LGB Startpackungen haben nur einen Kreis). Das böse Erwachen kam 2 Tage später, als die ersten beiden zusätzlichen Wagen angeschafft wurden. Die waren zusammen bereits teurer als die Startpackung.... Und mit dem dritten zusätzlichen Wagen innerhalb einer Woche ließ der Verkäufer bereits alle anderen Kunden stehen und begrüßte mich mit Handschlag an der Eingangstür....

Fortan wuchs der Bestand an Schienen und Wagen in immer kleineren zeitlichen Abständen:

  • 1998 fuhr die Bahn an Weihnachten noch auf einem L zwei Wände des Wohnzimmers ab, eine selbstgebaute Pendelautomatik machte es möglich. Nach dem Spiel wanderte die Bahn zurück in die Kartons.
  • im Frühjahr 1999 hatte sich die Gleislänge verdoppelt, der Zug konnte bereits ein Viertel des Wohnzimmers abfahren und bekam einen Abstellplatz in der Vitrine im Wohnzimmer
  • im Sommer 1999 sah sich meine Frau gezwungen, dem ständigen Drang der Männer nachzugeben: die Bahngleise durften im Wohnzimmer verlegt bleiben. Denn mindestens einmal pro Stunde stürzte unser Sohn zu ihr und deutete ganz aufgeregt auf die neue Vitrine, in der die Bahn eine Bleibe gefunden hatte und plapperte ganz aufgeregt „Bazug“ (seine Kombination aus „Bahn“ und „Zug“). Und kaum das ich das Wohnzimmer betrat, rumpelte die Bahn über ihre Gleise und transportierte jegliches Kinderspielzeug durch das Wohnzimmer.
  • Weihnachten 1999 hatte der Zug mit einem großen Kreis unter dem geschmückten Baum (der unten ein paar Zweige opfern musste) seinen letzten großen Auftritt in Augsburg, denn der Countdown für die Gleisverlegung in den Norden lief bereits...

Und meine Frau stellte unbewusst bereits die nächste entscheidende Weiche: Es sollte kein Zug mehr im Wohnzimmer fahren.
Hallo herzallerliebstes Eheweib, Du hast jetzt aber nicht gesagt, dass ich auch woanders NICHT fahren darf.... ;-)

Wie es weitergeht, liest man hier...


zur Startseite von Ebis' Gartenbahn